TIEFPUNKT

Die Gedenklesung zum 10. am 15. Mai ...

... war, was den Zulauf angeht, der absolute Tiefpunkt in all den Jahren, in denen ich mit dieser Lesung unterwegs bin. Zieht man die hauseigenen "Gäste" ab, die beim Veranstalter Abenddienst in irgendeiner Weise zu verrichten hatten, dann waren genau 3 Zuhörer da. Zwei davon irgendwie auch wegen mir und einer Folgelesung mit meiner TANTE. Bleibt letztlich eine einzige junge Frau, die aus reinem Interesse an Politik & Literatur und der persönlichen Einsicht der Notwendigkeit zur Verteidigung von Meinungsfreiheit in unseren Zeiten den Weg zu DIE DUMMHEIT WURDE ZUR EPIDEMIE gefunden hatte.
In der Tat scheint es, dass Staat, Politik & Medien ganze Arbeit leisten. Ein Volk in Agonie, wie es vor Jahren schon Konstantin Wecker besang? Oder - noch - nur in Lethargie?
Jedenfalls scheint kaum jemand die Notwendigkeit zu sehen, dass wir gegen ein in Brot-und-Spiele-Tunken und Mundtotmachen durch unsere(!) Politiker, durch von uns(!) finanzierte Medienmogule aufbegehren müss(t)en.

Unsere freie Meinungsbildung verebbt mit jedem Tag mehr, an dem es nichts mehr gibt, wodurch wir uns frei bilden könnten. Ein gleichgeschalteter Einheitsbrei an Vorgedachtem als Ausfluss der Medien hat mit Freiheit und dem Recht auf Bildung nichts mehr zu tun.
Westerwelle hatte begrifflich Recht, nur arroganterweise auf die falsche Zielgruppe angewandt: Nicht das Prekariat lebt in altrömischer Dekadenz, sondern der gesamte breite Mittelstand, hineingeführt und eingesperrt von Politik und Medien. Und fühlt sich in seiner Ahnungslosigkeit wohl.

Wie schrieb schon Erich Kästner in seinem Gedicht GROSSE ZEITEN:

 

Die Zeit […],

... sie wächst. Schon geht sie aus den Fugen.
Was tut der Mensch dagegen? - Er ist gut.
Rings in den Wasserköpfen steigt die Flut,
und Ebbe wird es im Gehirn der Klugen.

[…]

Wer warnen will, den straft man mit Verachtung.
Die Dummheit wurde zur Epidemie.
So groß wie heute war die Zeit noch nie.
Ein Volk versinkt in geistiger Umnachtung.